Du verkaufst ein paar alte Sachen auf Willhaben, eBay oder Etsy – und plötzlich weiß das Finanzamt genau, wie viel du verdient hast? Im schlimmsten Fall wirst du dadurch sogar zum Steuersünder, weil du gewisse Freibeträge überschreitest oder als gewerblicher Anbieter eingestuft wirst.
Und all das hat nicht dein Finanzamt verbrochen, sondern die EU sorgt dafür, dass du mittlerweile sogar beim Online-Verkauf überwacht und mit schlauen Algorithmen ausgewertet wirst.
In diesem Artikel erkläre ich dir, was dahintersteckt und ab welchen „magischen” Grenzen deine Daten an das Finanzamt weitergeleitet werden.
Was hinter DAC7 wirklich steckt
Die Grundlage dafür heißt DAC7 – eine EU-Richtlinie, die seit 2023 in Kraft ist. Und obwohl die EU selbst keine Bürger überwacht, sorgt sie dafür, dass jede deiner Online-Transaktionen im Hintergrund nachvollziehbar wird.
DAC7 steht für „Directive on Administrative Cooperation“, also eine EU-Richtlinie zur Zusammenarbeit der Steuerbehörden. Die aktuelle Version – die siebte – verpflichtet alle EU-Länder, einheitlich Daten über Verkäufer auf Online-Plattformen zu sammeln und zu melden.
Offiziell will man damit „Steuerflucht verhindern und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen“. Klingt vernünftig – aber in der Praxis entsteht ein neues System zur Finanz-Überwachung von Privatpersonen, das bis in den Alltag hineinreicht. Schlussendlich geht es hier um Plattformen, die man nutzt, um ein paar Euro für seine gebrauchte Kleidung oder 100 bis 200 Euro für sein altes Smartphone zu bekommen.
Somit betrifft DAC7 nicht nur Unternehmen, sondern auch ganz normale Privatnutzer, die online etwas verkaufen oder vermieten.
Welche Plattformen sind betroffen?
Im Prinzip alle digitalen Marktplätze, auf denen du Waren oder Dienstleistungen anbietest:
- eBay & eBay Kleinanzeigen
- Willhaben (Österreich)
- Etsy, Amazon Marketplace
- Airbnb & Booking (private Vermietungen)
- Uber, Bolt & Co. (Fahrdienste)
- Shpock, Vinted und ähnliche Plattformen
Selbst wenn du nur hin und wieder etwas verkaufst, landen die Transaktionsdaten in einem System, das deine Aktivitäten automatisch analysiert und ab einer gewissen Grenze und mit anderen EU-Ländern abgleicht.
Welche gesetzliche Grundlage gibt es in Österreich oder Deutschland dafür?
Ob du in Wien oder München wohnst, macht kaum einen Unterschied. Die Gesetze heißen nur anders:
- 🇩🇪 Deutschland: Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG)
- 🇦🇹 Österreich: Digitales Plattformen-Meldepflichtgesetz (DPMG)
Wie die Überwachung bei Online-Verkäufen funktioniert
Wichtig: Die EU führt keine zentrale Datenbank über dich. Aber sie hat die Regeln festgelegt, die dafür sorgen, dass jedes Land ein eigenes Überwachungssystem aufbaut – und diese Systeme miteinander vernetzt sind.
Das passiert in drei Schritten:
- Plattformen erfassen deine Daten.
 Wenn du auf eBay, Willhaben oder Airbnb verkaufst, sammelst du nicht nur gute Verkaufsbewertungen – sondern auch Datensätze: Name, Adresse, Bankverbindung, Zahl der Verkäufe, Erlöse, eventuell sogar Steuer-ID oder IBAN.
- Die Plattform meldet diese Daten an das Finanzamt.
 Aber nur, wenn du bestimmte Schwellenwerte überschreitest:- mehr als 30 Verkäufe im Jahr oder
- mehr als 2.000 Euro Umsatz.
 Dann geht ein Datensatz an die Steuerbehörde deines Landes – in Deutschland an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), in Österreich an das Bundesministerium für Finanzen (BMF).
 
- Die Finanzämter gleichen Daten EU-weit ab.
 Verkauft jemand in Deutschland über eBay, wohnt aber in Österreich, werden die Daten über ein EU-Netzwerk automatisch weitergereicht. So kann jedes Land prüfen, ob alle Einnahmen korrekt versteuert wurden.
Was also passiert, ist eine vernetzte Datenerfassung auf EU-Ebene, die nationale Behörden in die Lage versetzt, deine Online-Aktivitäten europaweit nachzuverfolgen.
Wer glaubt, anonym zu verkaufen, irrt. Schon eine IBAN reicht, um dich eindeutig zuzuordnen.
„KI“ im System – was sie wirklich macht
Wenn von „KI“ die Rede ist, stellt man sich oft eine smarte Maschine vor, die jeden Bürger überwacht. In Wahrheit geht es bei DAC7 um algorithmische Mustererkennung – also Programme, die riesige Datensätze automatisch durchsuchen und verdächtige Fälle herausfiltern.
Beispiel: Ein Nutzer verkauft 50 Artikel auf mehreren Plattformen, alle mit ähnlichen Beschreibungen, gleichbleibenden Preisen und regelmäßigem Rhythmus. Solche Muster werden als „gewerblich“ eingestuft – und das System markiert sie zur Prüfung.
Die Algorithmen erkennen also Wiederholungen, Häufigkeiten und Beträge, die über dem Durchschnitt liegen. Diese Technik nennt man „automatisierte Datenanalyse“ – in der Öffentlichkeit klingt „KI“ natürlich spannender, ist aber technisch nicht falsch: Es handelt sich um lernende Systeme, die Verdachtsmuster erkennen, bevor ein Mensch eingreift.
Wenn du regelmäßig und über einen längeren Zeitraum Produkte verkaufst – etwa selbst hergestellte Waren oder Artikel, die du gezielt einkaufst, um sie weiterzuverkaufen (Reselling) – kann das System dich als gewerblichen Anbieter einstufen. In diesem Fall wird deine Tätigkeit steuerlich nicht mehr als privater Verkauf, sondern als unternehmerisch betrachtet.
Was wird konkret über dich gemeldet?
Sobald du die Grenzen überschreitest, muss die Plattform folgende Informationen weitergeben:
- deinen vollständigen Namen
- Anschrift und Geburtsdatum
- Steuer- oder Umsatzsteuer-ID (falls vorhanden)
- Bankverbindung (IBAN oder Zahlungsdienstleister)
- Gesamtumsatz und Zahl der Transaktionen im Jahr
- ggf. Provisionen oder Gebühren
Bei Vermietungsplattformen wie Airbnb zusätzlich:
- Adresse der Unterkunft
- Anzahl der vermieteten Tage
- Höhe der Einnahmen
Damit weiß das Finanzamt ziemlich genau, was du verdient hast, auch wenn du diese Information nicht selbst angegeben hast.
Warum die EU das alles vernetzt
Die offizielle Begründung lautet: „Steuergerechtigkeit und Transparenz“.
In der Praxis geht es aber um etwas viel Größeres – nämlich den Aufbau eines europaweiten Daten-Ökosystems, das sämtliche Finanzbewegungen langfristig erfassen kann.
Dazu gehören:
- Bankdaten (bereits durch DAC2 seit 2017)
- Krypto-Transaktionen (DAC8, geplant für 2026)
- Online-Verkäufe (DAC7)
- Geldwäsche-Meldungen (über AMLA, die neue EU-Anti-Money-Laundering-Behörde)
Verkaufst du in Wien über eBay.de und bekommst das Geld über PayPal, laufen deine Daten durch drei Länder – Deutschland, Luxemburg, Österreich – und landen trotzdem bei deinem Finanzamt.
DAC7 ist also nur ein Puzzleteil in einem viel größeren Projekt: der schrittweisen Vernetzung aller Geldströme in der EU.
Die Argumentation klingt dabei stets gleich:
„Wir wollen Steuerbetrug verhindern, Geldwäsche bekämpfen und faire Bedingungen schaffen.“
Aber jedes neue Gesetz führt dazu, dass deine finanziellen Aktivitäten transparenter und nachvollziehbarer werden – und das dauerhaft.
Mit DAC7 hat die EU die technische Infrastruktur geschaffen, die es ermöglicht, Daten zwischen Finanzbehörden auszutauschen.
In Kombination mit Projekten wie dem digitalen Euro und der EU-Digital-ID entsteht so ein Ökosystem, das den Traum jedes Steuerprüfers wahrmacht:
eine vollständige, digital verknüpfte Übersicht über dein Finanzleben.
Und das ist genau der Punkt, an dem viele zu Recht kritisch werden.
Denn Transparenz kann auch Kontrolle bedeuten – und Kontrolle kann leicht in Überwachung kippen.
Was das für dich bedeutet
Wenn du gelegentlich etwas verkaufst – z. B. alte Möbel, ein Handy oder Kleidung –, musst du dir keine Sorgen machen. Solche Privatverkäufe sind in der Regel steuerfrei, solange sie nicht regelmäßig und mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgen.
Problematisch wird es, wenn du:
- regelmäßig ähnliche Artikel anbietest,
- Waren gezielt einkaufst, um sie weiterzuverkaufen,
- oder mit deinen Online-Verkäufen mehrere Tausend Euro Umsatz machst.
Dann kann das Finanzamt deine Tätigkeit als gewerblich einstufen – und du müsstest Einkommen- oder Umsatzsteuer zahlen.
Fazit: Die EU zieht die Fäden – die Finanzämter ziehen die Daten
Die EU überwacht dich nicht direkt. Sie zieht jedoch die Fäden, legt die Regeln fest und sorgt dafür, dass nationale Behörden deine Finanzdaten miteinander teilen können. Wenn man sich Behörden wie AMLA ansieht, stellt sich allerdings die Frage, wie lange sie danebensteht und nur das Regelwerk festlegt.
Plattformen wie eBay, Willhaben oder Airbnb liefern die Daten,
nationale Finanzämter werten sie mit automatisierten Systemen aus,
und über EU-Netzwerke werden sie länderübergreifend verknüpft.
Das ist kein Science-Fiction-KI-System – aber es ist der erste echte Schritt hin zu einer europaweiten Finanztransparenz, die für viele Bürger längst wie Überwachung wirkt.
Wenn du also das nächste Mal etwas auf Willhaben oder eBay verkaufst, dann weißt du: Der Käufer sieht deine Anzeige – und irgendwo im Hintergrund sieht vielleicht auch schon ein Algorithmus deinen Umsatz.
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