Chronisch unterbezahlt? Verdienen Frauen wirklich soviel weniger als Männer?

Das Thema, dass Frauen weniger verdienen, taucht immer wieder auf und wird vor allem von Feministinnen als starkes Argument für die fehlende Gleichberechtigung genutzt. Unabhängig davon, wie man zu dem Thema steht, ist es Fakt, dass Frauen im Durchschnitt 16 % weniger verdienen als Männer.

Doch was steckt wirklich dahinter? Ist diese Ungleichheit bei der Bezahlung allein auf Diskriminierung zurückzuführen? Oder gibt es nachvollziehbare Gründe für diese Differenz?

In diesem Artikel geht es vor allem um die tatsächlichen Lohnunterschiede, die anhand eines veröffentlichten statistischen Werts, nämlich dem Gender Pay Gap, dargestellt werden, sowie um die Gründe, warum ein Gehaltsunterschied entsteht und ob dieser gerechtfertigt ist.


Was ist der Gender Pay Gap überhaupt?

Der sogenannte Gender Pay Gap beschreibt die durchschnittliche Differenz im Bruttostundenlohn von Frauen und Männern. Dabei unterscheidet man zwischen zwei Varianten:

  • Der unbereinigte Gender Pay Gap vergleicht einfach den durchschnittlichen Bruttostundenlohn aller erwerbstätigen Männer und Frauen. Aktuell beträgt er in Deutschland etwa 16 % und in Österreich 18 %. Für mich ist das nicht unbedingt der sinnvollste Wert, weil er einfach einen Durchschnitt bildet, ohne die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
  • Der bereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt zusätzliche Faktoren wie Ausbildung, Berufserfahrung, Branche, Teilzeitquote oder Unternehmensgröße. Er liegt in Deutschland, sowie in Österreich bei etwa 6 %.

Die Unterschiede sind also auch dann nicht verschwunden, wenn man „faire” Rahmenbedingungen berücksichtigt, sie reduzieren sich aber zumindest deutlich.


Warum verdienen Frauen weniger?

Der große Unterschied im durchschnittlichen Einkommen hat viele Ursachen – und nur ein Teil davon ist direkte Diskriminierung. Tatsächlich spielen strukturelle und gesellschaftliche Faktoren eine große Rolle.

Teilzeit und Erwerbsunterbrechungen

Frauen arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit als Männer. In Österreich liegt die Teilzeitquote bei Frauen bei etwa 49 %, bei Männern bei rund 12 %. Das hat nicht nur Auswirkungen auf das Monatseinkommen, sondern beeinflusst auch den Karriereverlauf und die späteren Rentenansprüche. Auch Karenzzeiten, also längere Berufspausen zur Kinderbetreuung, haben große Auswirkungen auf das Gehalt und den beruflichen Aufstieg.

Meiner Meinung nach betrifft das Thema aber nicht nur Frauen: Auch bei Männern kann es Lebensereignisse geben, die eine Auszeit erforderlich machen. Sei es nun kurzfristige Arbeitslosigkeit, Bildungskarenz, geplante Auszeiten oder der Wunsch, weniger zu arbeiten und Teilzeit zu arbeiten. In der Regel wird dir die Ausfallzeit von deiner Dienstzeit abgezogen, wodurch du im Gehaltsschema zurückgeworfen wirst. Deshalb ist es nicht allein eine „Frauensache”, sondern betrifft alle, die beruflich nicht voll durchstarten (können oder wollen).

Berufswahl und Branchenunterschiede

Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Wahl des Berufs. Frauen arbeiten überdurchschnittlich häufig in sogenannten sozialen, erzieherischen oder pflegerischen Berufen. Diese Jobs sind zwar enorm wichtig für unsere Gesellschaft, werden aber schlechter bezahlt als technische oder wirtschaftliche Berufe, in denen Männer dominieren.

Warum ist das so? Oft liegt es daran, dass diese Berufe von vom Staat, Land oder gemeinnützigen Organisationen finanziert werden. Die Budgets sind begrenzt und lassen nur wenig Spielraum für eine leistungsorientierte Bezahlung. Zudem wurde „Kümmerarbeit” historisch bedingt nie besonders hoch bewertet. Diese Tatsache wirkt bis heute nach.

Weniger Frauen in Führungspositionen

Ein weiterer Punkt ist, dass Frauen deutlich seltener in Top-Positionen vertreten sind. In Deutschland beträgt der Frauenanteil in den Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen im Jahr 2025 nur rund 13,8 %. In Österreich sieht es ähnlich aus. In Aufsichtsräten ist der Anteil mit rund 30 % etwas höher, aber auch dort sind Männer in der Überzahl.

Als Führungskraft steht man natürlich vor einer schwierigen Entscheidung, wenn es um eine Beförderung geht. In einem gewissen Alter kann es natürlich sein, dass eine Frau einen Kinderwunsch bekommt und dann für längere Zeit aus dem Unternehmen ausscheidet. Ist es fair? Nein, natürlich ist es für die Frau nicht fair, wenn sie die gleiche Leistung bringt. Aber rein praktisch gesehen ist das für eine Führungskraft eine schwierige Entscheidung.

Allerdings gibt es einen sehr starken Trend, dass immer mehr Frauen Führungspositionen besetzen. Ich habe Zahlen gefunden, die belegen, dass die Quote jährlich um 2–3 % steigt!

Geringere Verhandlungsbereitschaft

Studien zeigen, dass Männer häufiger aktiv Gehalt verhandeln – und dabei mehr fordern. Frauen sind dabei zurückhaltender, aus Angst, unverschämt zu wirken oder sich unbeliebt zu machen. Auch das führt zu einer Kluft.


Können vorgeschriebene Frauenquoten in Führungspositionen oder in bestimmten Branchen und Berufen helfen?

Ich bin kein Freund von starren Frauenquoten. Wer möchte schon eine Führungsposition nur deshalb bekommen, weil er oder sie dabei hilft, eine Quote zu erfüllen? Man möchte doch aufgrund der eigenen Leistung überzeugen. Und wenn ein Unternehmen Frauen systematisch benachteiligt, dann ist das kein Ort, an dem man arbeiten sollte. Leistung muss das entscheidende Kriterium sein, nicht das Geschlecht. Aber natürlich macht es sich medial immer gut, wenn man nach solchen Maßnahmen, wie einer Frauenquote, schreit.


Ist der Gender Pay Gap gerechtfertigt?

Hier wird’s spannend. Wenn man sich die genannten Punkte ansieht, wird klar: Nicht jeder Unterschied ist automatisch unfair. Wer weniger Stunden arbeitet, hat natürlich weniger Einkommen. Wer mehrere Jahre aussetzt, steigt nicht auf wie jemand, der durchgehend arbeitet. Das klingt logisch – und ist geschlechtsunabhängig.

Aber: Sobald zwei Menschen mit identischer Qualifikation, gleichem Arbeitseinsatz und gleicher Verantwortung unterschiedlich bezahlt werden, ist das nicht akzeptabel. Leider werden die Vergleiche oft zu pauschal betrachtet und es werden einfach die durchschnittlichen Gehälter von Frauen und Männern verglichen, ohne die Rahmenbedingungen miteinzubeziehen.

Wenn Frauen den Verdacht haben, im Vergleich zu Kollegen schlechter bezahlt zu werden, hilft leider nichts anderes, als offen über das Thema zu sprechen. Im ersten Schritt kann man sich vielleicht mit vertrauten Kollegen vergleichen oder das Thema aktiv bei der Führungskraft ansprechen. Denn in vielen Unternehmen gibt es vor allem in Bezug auf das Gehalt keine Transparenz.

Wenn man als Frau dauerhaft unbezahlt ist und das Unternehmen eine sehr konservative Einstellung hat, bleibt einem am Ende nichts anderes übrig, als sich nach Alternativen umzusehen. Das gilt meiner Meinung nach aber auch für Männer.

Ein kleines Rechenbeispiel ohne Berücksichtigung von Gehaltserhöhungen: Verdient ein Mann 3.000 € und eine Frau 6 % weniger, sind das in zehn Jahren über 21.000 €. Da lohnt es sich auf jeden Fall, darüber nachzudenken.


Fazit: Gleicher Lohn ist machbar, aber nicht automatisch gegeben

Der Gender Pay Gap ist real, aber nicht immer ein Zeichen direkter Diskriminierung und auch nicht in dem extremen Ausmaß, wie es oft beschrieben wird. Er ist vielmehr ein Ergebnis struktureller, gesellschaftlicher und individueller Entscheidungen.

Hoffentlich sind sich am Ende alle einig: Wer gleiche Arbeit leistet, sollte auch gleich verdienen – egal, ob Mann oder Frau. Jeder, der sich unterbezahlt fühlt, sollte den Mut haben, etwas zu ändern.

Außerdem denke ich, dass sich diese Lücke mit der Zeit immer mehr schließen wird. Work-Life-Balance ist für viele immer wichtiger und die hohe Teilzeitquote zeigt, dass viele Männer kürzertreten. Gleichzeitig ist der Kinderwunsch bei vielen Paaren nicht mehr so ausgeprägt, sodass die Frau die Möglichkeit hat, Karriere zu machen.

Was aber auch durchaus langfristig sehr kritische Folgen haben kann. Schau dir dazu den Artikel über die sinkenden Geburtenzahlen an.

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