So ruinierst du dein Aktiendepot – und das auch noch auf Kredit?!

Es klingt verlockend: Die Börsen steigen und die Kreditzinsen sind vergleichsweise niedrig. Warum also nicht einfach ein paar Tausend Euro aufnehmen und in Aktien investieren? Wenn der Markt im Schnitt 7–8 % Rendite bringt, der Kredit aber nur 4 % kostet, könnte man meinen: Das ist doch ein cleverer Deal. Vor allem bei den aktuell sehr stark steigenden Märkten kann diese Rechnung nur aufgehen.

Vor allem junge Anleger denken so. Sie haben noch kein großes Vermögen, wollen aber eine Abkürzung nehmen und sind der Meinung, dass es einfach schneller gehen muss. Ein bisschen Kredit, ein bisschen Hebelwirkung – und der Weg zur finanziellen Freiheit scheint plötzlich viel kürzer.

Aber kann das wirklich gutgehen? Oder ist es ein gefährlicher Geheimtipp, um schneller ein größeres Vermögen aufzubauen? Schließlich nutzen auch Unternehmen Kredite, um ihr Wachstum deutlich zu beschleunigen.

In diesem Artikel geht es um die typischen Fehler, die bei diesem Thema gemacht werden, und um die Situationen, in denen es definitiv sinnvoll sein kann, mit Krediten Wertpapiere zu kaufen.

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Der typische Fehler

Im Internet berichten immer wieder Leute, dass sie genau das versucht haben. Sie haben einen kleinen Ratenkredit über 5.000 oder 10.000 Euro aufgenommen, der offiziell „zur freien Verfügung“ steht.

Manche nutzen den Dispo, andere den Wertpapierkredit ihrer Depotbank – oder sogar gehebelte Produkte, bei denen schon kleine Kursschwankungen den großen Gewinn versprechen. Schließlich kann man überproportional gewinnen.

Was sie alle eint, ist, dass sie mit Geld investieren, das ihnen eigentlich nicht gehört. Wenn der Markt dann fällt, passiert etwas, das viele unterschätzen. Der Kredit bleibt bestehen. Die Schulden laufen weiter, selbst wenn das Depot nur noch die Hälfte wert ist.

Am Anfang fühlt es sich vielleicht noch harmlos an: 5 % runter, das wird schon wieder. Doch je stärker die Kurse fallen, desto größer wird der Druck.

Wer dann verkauft, verliert doppelt: Geld und Nerven.


Wenn selbst Profis daran scheitern

Dass Investieren auf Kredit kein Anfängerfehler ist, zeigt einer der spektakulärsten Fälle der letzten Jahre: der Zusammenbruch von Archegos Capital.

Bill Hwang, einst Milliardär, hatte mit seiner Investmentfirma über Kredite riesige Positionen in wenigen Aktien aufgebaut – unter anderem bei ViacomCBS, Tencent Music und Baidu. Als die Kurse zu fallen begannen, forderten die Banken Nachschüsse. Hwang konnte sie nicht leisten.

Innerhalb weniger Tage mussten die Banken seine Positionen zwangsverkaufen.
Das Ergebnis: über 10 Milliarden US-Dollar Verlust – nicht bei Kleinanlegern, sondern bei Großbanken wie Credit Suisse und Nomura.

Das zeigt: Selbst Profis, die Zugriff auf die größten Geldquellen der Welt haben, unterschätzen die Dynamik von Krediten, sobald die Märkte drehen.


Warum Kredite an der Börse so gefährlich sind

Ein Kredit wirkt wie ein Turbo – und der funktioniert in beide Richtungen. Wenn der Markt steigt, verdienst du doppelt. Aber wenn er fällt, vernichtest du dein Kapital in Rekordzeit.

Leihst du dir 10.000 €, investierst sie in Aktien und der Markt fällt um 20 %, bleiben dir 8.000 € – aber du schuldest der Bank immer noch 10.000 € plus Zinsen.

Und das perfide daran: Die Zinsen laufen weiter, egal, was der Markt macht. Egal ob Ratenkredit, Wertpapierkredit oder Dispo – die Bank will ihr Geld zurück.

Viele Privatanleger holen sich das Geld über ganz normale Wege:

  • 💳 Ratenkredite bei der Hausbank oder online („freie Verwendung“)
  • 🏦 Wertpapierkredite, bei denen das Depot als Sicherheit dient
  • 💥 Dispo oder Kreditkarte, oft ohne Plan, die Schulden rechtzeitig zu tilgen
  • 📈 Margin- oder CFD-Konten, wo der Hebel gleich eingebaut ist

All das läuft auf dasselbe hinaus: Du setzt Geld ein, das dir nicht gehört, und dein Risiko vervielfacht sich dadurch.


Der psychologische Druck

Noch gefährlicher als der finanzielle Schaden ist der mentale Stress. Wer mit Schulden investiert, denkt nicht langfristig, sondern handelt unter Druck.

Jede rote Zahl fühlt sich wie eine Bedrohung an. Man checkt die Kurse stündlich, verkauft zu früh und kauft zu spät, weil man Angst hat, dass die Bank anruft oder der Kredit nicht mehr bedient werden kann.

Die wichtigste Währung an der Börse, die Geduld, verschwindet. Wer ohne Geduld investiert, verliert fast immer.

Wenn du dein normales Geld einsetzt, kannst du maximal diesen Betrag verlieren. Aber wenn du auf Kredit spielst, verlierst du zwar nicht dein eigenes Geld, aber du musst es trotzdem zurückzahlen.


Fazit: Zeit schlägt Zins

Und genau deshalb scheitern die meisten Anleger nicht an der Börse – sondern an sich selbst.

In den meisten Fällen passen Kredite und Börse nicht zusammen. Das liegt nicht daran, dass man mit einem Kredit nie Gewinn machen könnte, sondern daran, dass man das Risiko nicht kontrolliert.

Wenn du langfristig Vermögen aufbauen möchtest, brauchst du Zeit, Disziplin und Ruhe, aber keine Hebel. Die größten Investoren der Welt sind nicht deshalb reich, weil sie Schulden machen. Sie werden reich, weil sie Chancen nutzen, wenn andere aus Panik verkaufen.

Wer glaubt, mit einem Kredit den Weg zum Reichtum abzukürzen, riskiert, ihn überhaupt nie zu erreichen.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen ein Wertpapierkredit vorteilhaft sein kann. Wenn du beispielsweise kurzfristig kaufen willst, aber noch kein Geld auf dem Konto des Brokers hast und das Konto innerhalb der nächsten Tage wieder ausgleichst. Daran ist nichts Verwerfliches.

Auch wenn man bereits erfahren ist und beispielsweise über ein Margin-Konto mit Optionen handelt und weiß, was man tut, kann es durchaus sinnvoll sein. Das trifft aber definitiv nicht auf jemanden zu, der erst seit ein paar Monaten oder Jahren an der Börse ist. Denn es kann schon sein, dass man erst einmal ein paar sehr gute Trades hat, aber dann kommt leider dieser eine schlechte Trade und alles ist weg.

Wenn die Märkte – auch wenn sie immer wieder Rückschläge hatten – aktuell so gut laufen, muss man sich einfach die Frage stellen, warum es überhaupt notwendig ist, unnötiges Risiko einzusetzen. Die aktuellen Renditen von breit angelegten ETFs sind kaum zu schlagen. Warum also alles riskieren?

Von Daniel

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