Vor ein paar Jahren habe ich für meinen Döner noch 4 Euro bezahlt. Heute sind es 7 Euro. Das ist fast eine Verdopplung – und trotzdem behaupten die offiziellen Zahlen, die Inflation läge nur bei 2 bis 3 Prozent. Merkwürdig, oder? Rein rechnerisch müsste mein Döner jetzt nur 4,90 Euro kosten.
Genau hier steckt die sogenannte „Inflationslüge“: Es geht nicht darum, dass die Ämter und Statistiken absichtlich falsche Zahlen veröffentlichen, sondern darum, dass diese Zahlen nur einen Durchschnittshaushalt abbilden, der mit dem Alltag der meisten Menschen nichts zu tun hat.
Und das ist noch nicht die ganze Wahrheit. Vieles hängt mit der Inflation zusammen. Die Auswirkungen der Preissteigerungen sind jedoch für jeden von uns unterschiedlich und für manche von uns ist die Inflation sogar sehr positiv. Das möchte ich dir in diesem Artikel gerne vorrechnen – du wirst schockiert sein.
Wie wird die Inflation eigentlich berechnet?
Aber gehen wir zunächst einmal auf das Berechenbare ein. Nämlich die Inflation selbst.
Inflation wird von Statistikämtern über den sogenannten Verbraucherpreisindex (VPI) oder den harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) berechnet.
- Der Warenkorb: Enthält rund 700–800 Produkte und Dienstleistungen, von Brot über Benzin bis zum Kinoticket.
- Die Gewichtung: Jeder Posten wird so gewichtet, wie viel ein durchschnittlicher Haushalt dafür ausgibt. In Deutschland und Österreich basiert das auf großen Haushaltsbefragungen, die nur alle paar Jahre angepasst werden.
- Die Datenerhebung: Monatlich werden Hunderttausende Preise in Supermärkten, Online-Shops oder bei Energieversorgern erfasst.
Sieht man sich die Steigerung des Verbraucherpreisindex an, erhält man die Inflationsrate. So entsteht die Zahl: „Die Inflation im August liegt bei 2,2 Prozent.“

Wo der Haken liegt bei der Inflationsberechnung
Das klingt solide – und das ist es auch. Aber wie so oft reden wir leider nur von Durchschnittswerten.
- Niemand von uns ist dieser Durchschnittshaushalt. Deine Ausgabenstruktur kann völlig anders aussehen.
- Substitutionseffekt: Wenn Butter teurer wird, nimmt die Statistik an, dass du Margarine kaufst. Damit sinkt die gemessene Inflation, auch wenn du weiter Butter kaufst.
- Qualitätsbereinigung: Ein Fernseher ist heute doppelt so groß, kostet aber gleich viel. In der Statistik gilt er daher als „billiger“ – obwohl du keinen Cent weniger zahlst.
- Regionale Unterschiede: Eine Miete in Wien oder München steigt ganz anders als auf dem Land – im Index wird das „glattgerechnet“.
Das heißt: Die offizielle Zahl ist zwar nicht gelogen, zeigt aber ein verzerrtes Bild.
Warum Geringverdiener die Inflation härter spüren
Jetzt wird es spannend: Es zeigt sich, dass die Inflation die Bevölkerung völlig unterschiedlich beeinflusst und trifft. Das wird besonders deutlich, wenn man verschiedene Haushaltseinkommen vergleicht:

Als Grundlage für die Berechnung habe ich die durchschnittlichen Lohnsteigerungen der letzten Jahre verwendet.

Betrachtet man die Zahlen, so fällt sofort auf, dass sich die Auswirkungen auf unterschiedliche Gehälter unterscheiden. Dies hängt von mehreren Faktoren ab.
- Die Verteilung der Ausgaben ist unterschiedlich. Personen mit einem höheren Einkommen geben in der Regel mehr für Bereiche wie Freizeit aus. Hier hat die Inflation unterschiedlich gewirkt. Während die Fixkosten für niedrige Gehälter um 2 % gestiegen sind, sind sie für höhere Gehälter nur um 1 % gestiegen. Die Verbraucherpreisentwicklung der verschiedenen Bereiche findest du ebenfalls auf destatis.de.
- Auch wenn mit einem höheren Einkommen in der Regel höhere Ausgaben verbunden sind (Stichwort: Lifestyle-Inflation), ist der Anteil der Fixkosten geringer. Dadurch trifft einen die Inflation nicht im selben Ausmaß, wie bei einem geringeren Einkommen.
Wie ich in diesem Artikel beschrieben habe, trifft „Lifestyle Inflation” vor allem Menschen mit höheren Gehältern.
Der deutlichste Vergleich ist jedoch der verfügbare Restbetrag. Also das, was nach Abzug aller Ausgaben zur freien Verfügung steht. Dieser Betrag kann zum Vermögensaufbau genutzt werden. Dadurch hat man die Chance, beispielsweise Eigentum aufzubauen und später seine Fixkosten noch weiter zu senken.
Bei einem geringen Einkommen ist der verfügbare Betrag sogar geschrumpft. Bei hohen Einkommen (beispielhaft 5.000€) ist er in dieser Berechnung hingegen um 368 Euro gestiegen. Und das teilweise dank Inflation. Denn eine hohe Inflation hat auch sehr hohe Lohnabschlüsse möglich gemacht!
Wenn du dir deine persönliche Inflation ausrechnen möchtest: Ihr persönlicher Inflationsrechner. Denn jeder hat eine andere Lebenssituation. Wenn man zum Beispiel an Rentner denkt, sind Themenbereiche wie Medikamente und Pflegedienstleistungen deutlich relevanter als bei jüngeren Menschen.
Fazit: Gleiche Inflation, völlig unterschiedliche Wirkung. Während für den einen immer weniger Handlungsspielraum vorhanden ist, ist sie für den anderen kaum spürbar – er kann sogar mehr Vermögen aufbauen.
Fazit: Die halbe Wahrheit der Inflation
Die offizielle Inflationsrate ist nicht gelogen, aber eben nur ein Durchschnitt. Sie entspricht nicht der ganzen Wahrheit, wenn es um die Themen Teuerung und Lebensqualität geht.
Das Ganze hat eine politische Dimension, denn die offizielle Inflationsrate dient als Grundlage für:
- Lohnverhandlungen
- Pensionserhöhungen
- Sozialleistungen
- Steueranpassungen
Wenn jetzt versprochen wird, dass man mit Lohnanpassungen der Inflation entgegenwirken will, dann stimmt das eben nur zum Teil. Während es bei jemandem mit niedrigem Gehalt sogar zu Reallohnverlusten kommt, haben andere am Ende des Monats deutlich mehr übrig.
Jemand mit einem höheren Gehalt kann der Inflation somit eigentlich sogar „danken“. Muss man jetzt jemanden mit einem höheren Gehalt bestrafen? Nein nicht wirklich.
Aber jemandem mit einem geringen Gehalt muss einfach bewusst sein, dass er aus diesem Teufelskreis nicht herauskommt: Lohnsteigerungen gleichen allenfalls die Preissteigerungen aus. Der Staat wird nicht helfen, vor allem, wenn Entscheidungen immer nur auf Basis von Durchschnittswerten getroffen werden.
