Europäische SUPER-Börse geplant – Was ändert sich für DEINE Aktien?

Die Pläne für eine „Europäische Börse“ gewinnen rasant an Aufmerksamkeit. Vor allem der Vorschlag von Friedrich Merz (Bericht aus dem Handelsblatt) sorgt für Diskussionen: ein zentraler Handelsplatz für ganz Europa, einheitliche Regeln, mehr Liquidität, weniger Fragmentierung.

Doch viele Anleger stellen sich die entscheidenden Fragen: Bekommen europäische Aktien dadurch endlich Aufwind? Würden sich Start-ups dann eher in Europa listen lassen und mit ihrem Börsendebüt nicht in die USA abwandern, wie es heute der Fall ist? Werden bestehende Börsen wie Xetra, Paris oder Amsterdam am Ende abgelöst? Oder entsteht hier nur ein gigantischer Machtblock, der am Ende mehr reguliert als er löst?

Schauen wir uns die wichtigsten Punkte an und klären, was das für dich und deine Aktien bedeutet!


Was steckt hinter der Idee einer „Europäischen Börse“?

Der Vorschlag klingt im ersten Moment nach einer großen Vision: ein einziger europäischer Börsenplatz, der es mit New York aufnehmen kann. Weniger Wettbewerb zwischen Frankfurt, Paris, Amsterdam oder Mailand, dafür ein konzentrierter Handelsplatz. Laut Merz soll Frankfurt dabei eine zentrale Rolle spielen – wegen der Nähe zur EZB und der bereits starken Position der Deutschen Börse AG.

Die offiziellen Argumente klingen logisch:

  • Die EU-Kapitalmärkte sind extrem zersplittert. Es gibt mehr als 30 große Börsenplätze und insgesamt rund 430 Handelsplätze, wenn man alle Handels- und außerbörslichen Plätze mitzählt.
  • Für größere Börsengänge gehen Unternehmen oft in die USA, da es dort mehr Kapital gibt und sie somit mehr Kapital beim Börsengang einsammeln können.
  • Europa braucht mehr Wettbewerbsfähigkeit
  • Ein zentraler europäischer Markt könnte mehr Kapital anziehen
  • Die Aufsicht (ESMA) könnte vereinheitlicht werden

Die Ausgangslage in Zahlen – Europa vs. USA

Wenn man verstehen will, warum Politiker über eine europäische Super-Börse nachdenken, muss man die Größenverhältnisse kennen.

  • USA – NYSE + Nasdaq: rund 55 Billionen USD Marktkapitalisierung
  • EU (ohne UK): rund 8–9 Billionen USD
  • EU + UK zusammen: etwa 11–12 Billionen USD

Zum Vergleich innerhalb Europas:

  • Euronext (Paris, Amsterdam, Mailand, Brüssel, Dublin, Oslo): ~ 6,3 Billionen USD
  • Deutsche Börse (Xetra/Frankfurt): ~ 2,3 Billionen USD
  • London Stock Exchange: ~ 3,3 Billionen USD

Wenn man diese Zahlen ansieht, wird klar: Europa hat viele einzelne Märkte – keiner davon kommt auch nur annähernd an die USA heran. Die Zersplitterung kostet Liquidität, Sichtbarkeit und institutionelles Kapital.

Die Idee von Merz versucht genau hier anzusetzen: Größerer Markt, größerer Kapitalpool, bessere Chancen für Unternehmen.

Doch wie viel davon ist realistisch? Und bringt es dir als Anleger wirklich etwas?


Welche Vorteile hätte eine europäische Börse für Anleger?

Es gibt Bereiche, wo du wirklich profitieren würdest – langfristig und ganz praktisch.

Mehr Liquidität & bessere Orderausführungen

Wenn Liquidität aus Paris, Frankfurt, Amsterdam, Mailand zusammenfließt, steigt die Markttiefe. Das bedeutet:

  • geringere Spreads – du bekommst einen „faireren“ Preis.
  • stabilere Preise – mehr Liquidität bedeutet auch eine stabilere Preisbildung.
  • potenziell geringere Transaktionskosten – einheitliche Gebührenstruktur, keine Unterschiede zwischen den Börsen, so wie heute.

Gerade ETF-Sparer oder aktive Anleger würden diesen Unterschied spüren.

Mehr Sichtbarkeit für europäische Unternehmen

Eine zentrale Börse könnte für internationale Investoren attraktiver sein. US-Fonds, die heute kaum europäische Mid-Caps anfassen, könnten sich stärker engagieren, wenn:

  • Daten zentralisiert sind.
  • Liquidität konzentriert ist – Ist die Liquidität heute auf mehreren Börsen verteilt, wäre sie nachher auf einem Handelsplatz gesammelt.
  • regulatorische Unterschiede verschwinden.

Mehr Nachfrage → bessere Bewertungen → mehr Dynamik an den europäischen Märkten.

Einheitliche Regeln

Für Anleger und Unternehmen, die sich an der Börse listen lassen möchten, bedeutet das:

  • weniger Bürokratie
  • weniger Unterschiede je nach Land
  • besser vergleichbare Produkte

Und was bringt das den Start-ups?

Hier kommt der Punkt, an dem die Vision bricht – und ich sage das bewusst klar:

Studien zeigen: rund 15 % der europäischen Technologie-IPOs nach Wert haben sich dafür entschieden, in den USA statt in Europa zu listen.

Das Listing der Unternehmen kostet heute pro Börse. Dadurch entscheiden sich viele Firmen natürlich nur für eine Börse. Das ist jedoch teilweise einschränkend, weshalb sie in die USA wandern, weil es dort einfachere Regeln gibt und man an einem Handelsplatz deutlich mehr Kapital einsammeln kann.

Daher die Strategie: Wenn es einen europäischen Handelsplatz gibt, lassen sich viele Start-ups wieder in Europa listen und entwickeln dadurch eine größere Bindung zum Heimatland. Wenn wieder mehr Startup-Kapital in den heimischen Markt fließt, sorgt das generell für höhere Bewertungen und macht den europäischen Kapitalmarkt interessanter für ausländische Investoren.

Aber:

Kapitaltiefe entsteht nicht durch Fusion, sondern durch Investorenkultur.

Das ist der entscheidende Satz.

In den USA gibt es riesige Pensionsfonds, extrem aktive institutionelle Anleger, eine enorme Risikobereitschaft und große Tech- und Wachstumspools. In Europa dagegen streng regulierte Fonds, risikoarme Investoren, viel geringere Kapitalmengen und weniger Tech-Fokus.

Selbst wenn die EU morgen eine Super-Börse eröffnet: Die gleichen risikoarmen Kapitalstrukturen bleiben bestehen. Eine neue Börse allein würde das verhaltene Investieren in Europa nicht ändern.

In einem interessanten Artikel beschreibe ich die unterschiedlichen Verhaltensweisen der USA und Europas, wenn es um den Vermögensaufbau geht.

Kurz: Viele Gründe, warum europäische Start-ups lieber in die USA gehen, haben wenig mit der Börsenlandschaft zu tun. Auch generelle organisatorische Mehraufwände im operativen Bereich treiben Unternehmen aus dem Land.


Das wahre Risiko: Noch mehr Regulierung

Prinzipiell mag ich die Idee einer europäischen Börse. Das Thema mit den vielen Handelsplätzen nervt, daher kann ich der Idee etwas abgewinnen. Aber leider gilt: Je zentraler ein Markt ist, desto einfacher ist er politisch zu steuern.

Eine europäische Mega-Börse würde bedeuten:

  • EU-weit einheitliche Auflagen
  • stärkere Eingriffe in Handelspraktiken
  • Harmonisierung von ESG-Regeln
  • Einflussmöglichkeiten für Lobbygruppen in Brüssel

Und das ist kein theoretisches Problem. Was einmal zentralisiert ist, lässt sich leichter kontrollieren. Und am Ende entsteht meist mehr Bürokratie, nicht weniger. Die bisherige Kapitalmarktunion (MiFID, PRIIPs usw.) zeigt das sehr deutlich.


Fazit: Gute Vision, aber kein Wundermittel

Die Idee einer europäischen Super-Börse ist spannend und strategisch sinnvoll. Sie könnte Anlegern echte Vorteile bringen: etwas bessere Preise, mehr Liquidität und eine bessere Handelbarkeit unterschiedlicher Aktien. Gerade Neobroker haben oft nur ein bis zwei Handelsplätze angebunden. Das ist auch ein Kostenthema, wodurch viele Aktien gar nicht gehandelt werden können.

Die SUPER-Börse löst jedoch keines der fundamentalen Probleme Europas.

  • Start-ups gehen weiter in die USA.
  • Kapitalmärkte bleiben risikoarm.
  • Regulierung bleibt hoch.
  • Innovation leidet weiter unter Bürokratie.

Eine EU-Börse wäre ein wichtiges Signal, um das Thema Investieren rund um Aktien und ETFs in ein besseres Licht zu rücken. Sie ist jedoch kein Allheilmittel, kein Turbo für Start-ups und keine Garantie für steigende Aktienkurse.

Die Frage ist dann auch, was mit den bestehenden Börsen passiert. Börsen sind privatwirtschaftliche Unternehmen (z. B. Deutsche Börse AG, Euronext) mit eigener Infrastruktur, eigenen Clearing-Häusern und eigenen Produkten. Weiters: Nationale Interessen sind groß: Paris, Amsterdam, Frankfurt – niemand will seinen Finanzplatz schwächen. Würden diese Börsen dann ihr Geschäft aufgeben? Ich denke nicht. Eine europäische Gemeinschaftsbörse würde wahrscheinlich nur durch einen Zusammenschluss dieser Unternehmen entstehen können.

Aber immerhin: Endlich gibt es wieder einmal einen Vorstoß, der für Anleger positiv wäre. Ich denke allerdings, dass am Ende nichts daraus wird.

Wenn du wissen möchtest, was passiert, wenn dein Broker pleitegeht, kann ich dir diesen Artikel von mir empfehlen.

Von Daniel

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