Wenn dein ETF plötzlich verschwindet: Was Anleger in Deutschland und Österreich wissen sollten

Spätestens nach der Fusion eines World ETF von Amundi mit einem Gesamtvermögen von 6,5 Milliarden Euro stellt sich die Frage, was passiert, wenn ein ETF eingestellt wird oder der Emittent des ETF pleite geht oder in andere Schwierigkeiten gerät?

Während der Finanzkrise 2008 (ein paar Informationen zu Börsencrashes) gingen reihenweise Investmentfonds pleite und verschwanden von der Bildfläche. Ist dein Geld in Gefahr, wenn ein Fonds von einem Tag auf den anderen „verschwindet“? In diesem Artikel erkläre ich dir, warum ETFs überhaupt geschlossen oder fusioniert werden können, wie das gesetzlich geregelt ist und welche Folgen das für dich als Anleger in Deutschland oder Österreich hat.

Und ja, das passiert sogar sehr häufig: Jeden Monat werden rund 70 Fonds und ETFs aufgelöst oder verschmolzen!


Warum kann ein ETF verschwinden?

Normalerweise haben ETFs kein Ablaufdatum. Doch ETF-Anbieter entscheiden sich manchmal, ein Produkt vom Markt zu nehmen. Gründe dafür sind:

  • Kleines Fondsvolumen, geringe Nachfrage: Hat ein ETF über Jahre kaum Mittel eingeworben, sind die Fixkosten im Verhältnis zum Volumen zu hoch. Solche Mini-ETFs kosten den Anbieter mehr, als sie einbringen. Dann wird oft aufgelöst. Die DWS (Xtrackers) etwa löste 2019 drei ETFs auf (darunter ein MSCI-World-ETF), weil dauerhaft „konstant niedrige Nachfrage“ herrschte und die Fondsgrößen «unter der Mindestgröße geblieben» waren.
  • Fusion oder Produktbereinigung: Große Anbieter kaufen kleinere auf oder übernehmen ihre Konkurrenten. Dann passen sie ihr Angebot an. So fusionierten in Europa z.B. die ComStage-ETFs mit Lyxor (2018) und Lyxor später mit Amundi. Auch iShares (BlackRock) schluckte ETFs von Credit Suisse. Um Dopplungen zu vermeiden, legt man verwandte ETFs zusammen.
  • Änderung der Anlagestrategie: Manchmal wird ein ETF neu ausgerichtet, etwa den Index gewechselt oder von ausschüttend auf thesaurierend umgestellt. Oft legt man dann lieber einen neuen Fonds auf und schließt den alten. Auch strategische Neuerungen (z.B. von Standard-Index zu ESG-Index) können zur Schließung führen.
  • Insolvenz oder Rückzug des Emittenten: Das folgende Kapitel gibt hierzu einige Informationen.
  • Regulatorische / Geopolitische Gründe: Neue Gesetze oder Beschränkungen können das Geschäftsmodell von ETFs verändern. Auch geopolitische Ereignisse spielen eine Rolle: Nach dem Ukraine-Krieg und Sanktionen wurden Russland-ETFs ausgesetzt oder liquidiert. Wenn etwa ein Land den Kapitalverkehr beschränkt oder eine Währung nicht mehr umtauschbar ist, macht das einen Fonds praktisch wertlos. Dies war jedoch ein Extremfall, bei dem der Emittent selbst keine Schuld trifft.

All diese Fälle sind meistens also kein Zeichen für akute Gefahr: Sie haben meist wirtschaftliche, organisatorische oder regulatorische Gründe. Was aber genau mit deinem Geld passiert und wie das abläuft, erfährst du etwas später.


Was passiert, wenn der Emittent oder der Broker in Konkurs geht?

Der Emittent (z. B. iShares, Amundi) verwaltet den ETF: Er kümmert sich um das Fondsvermögen und stellt sicher, dass der ETF den Index korrekt abbildet. Der Broker (z. B. Flatex, Trade Republic) vermittelt nur den Kauf oder Verkauf – er verwaltet den ETF selbst nicht.

Hier habe ich bereits einen interessanten Artikel und ein dazugehöriges Youtube-Video zum Thema „Broker Pleite“ erstellt, wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wo genau deine ETFs liegen und verwaltet werden.

Deine ETF-Anteile liegen sicher bei einer zentralen Verwahrstelle wie Clearstream und werden nicht direkt beim Broker selbst verwahrt. Und was deinen Emitter betrifft: Außerdem sind die meisten in Europa zugelassenen ETFs sogenannte UCITS-ETFs („Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities“, deutsch: „Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere“ = OGAW). Diese unterliegen strengen EU-Vorgaben, die sicherstellen, dass dein Geld als Sondervermögen getrennt vom Vermögen des Emittenten verwahrt wird – selbst im Insolvenzfall.

Geht der Emittent pleite, wird der ETF meist auf einen anderen Anbieter übertragen oder abgewickelt – du bekommst deinen Anteil am Fondsvermögen ausgezahlt. Bei einer Broker-Pleite bleiben deine Anteile bestehen und können zu einem anderen Broker übertragen werden.


Was passiert mit meinem Geld?

Wenn ein ETF aufgelöst wird, bekommst du in der Regel dein Geld oder neue Anteile zurück. Typischer Ablauf bei einer Liquidation oder Fusion:

  • 📧 Vorab-Info: Du wirst rechtzeitig (mindestens 4–6 Wochen vorher) schriftlich informiert. In der Regel legt die KAG einen Stichtag fest, bis zu dem die Anteile gehandelt werden können.
  • 📉 Auswirkungen auf den ETF-Kurs: Sobald bekannt wird, dass ein ETF aufgelöst wird, kommt es in der Regel nicht zu einem Kursverfall, da der Wert des ETFs durch die enthaltenen Wertpapiere bestimmt wird – nicht durch Angebot und Nachfrage allein. Nur bei sehr kleinen oder illiquiden ETFs kann es kurzfristig zu größeren Spreads oder leicht abweichenden Kursen kommen, wenn viele Anleger gleichzeitig verkaufen wollen.
  • 🛑 Handelsaussetzung: Ab dem Stichtag wird der betroffene ETF an der Börse ausgesetzt.
  • 💰 Geld bzw. neue Anteile: Wenn der ETF liquidiert wird, verkauft die Fondsgesellschaft die Wertpapiere und zahlt den Erlös an die Anleger aus. Hast du dabei einen Gewinn gemacht (Erlös größer als dein Kaufpreis), ist dieser Gewinn steuerpflichtig (siehe unten). Bei einer Fusion erhältst du stattdessen Anteile am aufnehmenden ETF.

Steuerliche Aspekte und Wiedereinstieg

Die Schließung eines ETFs ist aus steuerlicher Sicht in der Regel wie ein Verkauf deiner Anteile – In Deutschland und Österreich ist der Verkauf daher steuerpflichtig.

Bei einer reinen Fusion unter gleichem Domizil (z.B. nur Zusammenlegung zweier ISINs) bleibt alles steuerneutral – deine Anteile verändern sich nicht essenziell. Anders ist es bei einem grenzüberschreitenden Domizilwechsel: Geht ein ETF etwa von Luxemburg (LU) nach Irland (IE) über, wertet das Finanzamt die Verschmelzung als Verkauf und Neuerwerb. Aufgelaufene Gewinne werden bei solchen Fällen ein Mal versteuert. In der Amundi-Praxis führte das 2024 dazu, dass Anleger trotz automatischem Roll-Over Kapitalertragssteuer bezahlen mussten.


Was solltest du als Anleger tun?

  • 🫨 Keine Panik: Glücklicherweise verschwinden große und beliebte ETFs nur selten vom Markt. Nischenprodukte oder neue Produkte werden dagegen häufiger aufgelöst. Wenn dein ETF betroffen ist, wirst du rechtzeitig informiert – und dein Geld bleibt Sondervermögen (im Extremfall).
  • 👓 Information lesen: Prüfe das Schreiben deiner Depotbank sorgfältig. Dort stehen Stichtag, Frist und alle weiteren Details. Oft hast du mehrere Wochen Zeit, deine Anteile selbst zu verkaufen oder zu übertragen
  • 💸 Steuern berücksichtigen: Plane die Steuerbelastung ein. Wenn du in Deutschland steuerpflichtig bist, überprüfe, ob du noch einen Freibetrag zur Verfügung hast. In Österreich gilt leider der Pauschalsatz von 27,5% auf alle Gewinne.
  • 🔍 Neues Investment wählen: Überlege, ob du dein Geld in einen vergleichbaren ETF reinvestieren willst. Empfehlenswert ist ein Fonds mit ähnlichem Anlageuniversum (z.B. gleicher Index). So bleibt dein Portfolio weiter in der gewünschten Strategie investiert. Nutze diesen Anlass, um Fondsgebühren, Domizile oder TER zu vergleichen – vielleicht findest du eine günstigere Variante.
  • Depot prüfen: Falls dein ETF in einen anderen überführt wurde, kontrolliere danach dein Depot: Wurden dir die neuen Anteile verbucht? Funktionieren Sparpläne wie gewohnt?

Fazit

Es kann verschiedene Gründe geben, warum ein ETF vom Markt genommen wird: Meistens liegt es am zu geringen Volumen oder an einer Konsolidierung im Produktangebot. Wichtig ist für den Worst Case Fall: Dein Geld ist sicher. ETFs sind als Sondervermögen angelegt, und der Gesetzgeber sichert ab, dass du entweder den Gegenwert ausgezahlt bekommst oder Anteile eines Ersatz-Fonds erhältst.

Wirklich präventiv verhindern kann man eine solche Situation nicht. Hier gilt letztendlich, wie schon so oft erwähnt, das Thema Diversifikation, damit es nur einen Teil des Portfolios trifft. Wenn du in sehr populäre ETFs investierst und diese schon einige Jahre auf dem Markt sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering und du wirst dieses Szenario wahrscheinlich nie erleben. Bei speziellen Sektor ETFs oder sehr Nischen ETFs wäre ich mir da nicht so sicher.

Für dich als Anleger heißt das: Ruhe bewahren, die Informationen der Fondsgesellschaft lesen und rechtzeitig entscheiden. Achte auf steuerliche Aspekte (Kapitalertragssteuer, Freistellungsauftrag) und suche dir gegebenenfalls einen neuen ETF für die Wiederanlage. Ein ETF-Aus ist also kein Grund zur Panik – sondern ein Anlass, deine Geldanlage auf den Prüfstand zu stellen und neu zu planen.

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